Der Lauf der Zeit

Hofgeschichten, 16.08.2021

Die Geschichte des Rußbachbauers reicht bis in das Jahr 1100 zurück. Es ist eine Reise hin zu alten Mythen, harten Arbeitstagen, Kriegswirren und den ersten, zaghaften Gehversuchen in der Zimmervermietung. Josef Eisl – stolzer Altbauer – über sein Leben am Erbhof im Salzkammergut.

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Familie Eisl Rußbachbauer | © Daniel Gollner / Urlaub am Bauernhof

Die starken, dicken Hausmauern am Hof des Rußbachbauers haben mehrere Jahrhunderte auf dem Buckel, trotzten beharrlich jeder Witterung, boten vertrauensvollen Schutz vor Gefahren durch Natur und Menschenhand und bergen eine Geschichte in sich, die ihre heutigen Bewohner nur noch erahnen können. 1100 wurde der Hof einst erbaut, die erste urkundliche Erwähnung erfolgte 1416. Man munkelt, dass die Fundamente einst einer Ritterburg angehörten, mehrere Schießscharten würden darauf hindeuten. Seit 1742 ist der Betrieb im Besitz der Familie Eisl. Altbauer Josef Eisl kennt jeden Winkel des Erbhofs wie seine Westentasche. Er kann mit Stolz auf ein arbeitsreiches Leben zurückblicken. Als er noch ein Kind war, begannen seine Eltern 1958 mit der ersten Zimmervermietung. „Mit einem kleinen Leiterwagen sind wir Kinder dann nach St. Wolfgang marschiert, um die Koffer der Anreisenden vom Bahnhof abzuholen.“ Nicht selten kam es vor, dass das Kinderzimmer spätabends geräumt werden musste, weil noch ein zusätzlicher Gast den Weg auf den Hof gefunden hatte.

Kaltes Wasser und ein WC für alle

„Am Anfang gab es nur Kaltwasser“, erinnert sich Josef, „wir hatten lediglich eine Waschgelegenheit, ein WC für alle.“ Gestört hat das niemanden, die Gemeinsamkeit stand im Vordergrund. Abends nach getaner Arbeit saß die Familie mit ihren Gästen zusammen in der Stube, trank ein Glas Most, unterhielt sich, spielte Karten, musizierte. „Fernsehapparat gab es freilich noch keinen, man war zufrieden mit dem, was man hatte.“ Als Josef den Betrieb von seinen Eltern übernahm, begann die neue Generation behutsam, die Zimmer auszubauen. Sanitäranlagen wurden installiert, und mit der Moderne kam auch die neueste Technik ins Haus. Das erste TV-Gerät zog ein und die geselligen Abende, wie die Gastgeber sie kannten, verschwanden zusehends. „Die Familien blieben mehr unter sich, zogen sich in die eigenen vier Wände zurück.“ Was sich jedoch über die Jahre keine Minute lang veränderte, ist das Interesse und die Neugier der Besucher an der Landwirtschaft. „Schon damals halfen alle gerne und überall mit. Sei es bei der Futterernte im Sommer oder ganzjährig im Stall.“ Bereitwillig erklärte der Bauer den fachgerechten Umgang mit Heugabel und Holzrechen.

 

Aufbruch in neue Zeiten

Seit 2006 leitet Josefs Sohn die Geschicke am Hof. Aus dem alten Stall wurde ein moderner Laufstall, ein Melkroboter verrichtet 24 Stunden am Tag die Melkarbeit, gefüttert und ausgemistet wird großteils mit dem Traktor. „Die viele Arbeit ist geblieben, sie hat sich nur verändert“, weiß der Altbauer. Zu den früheren Gästen hält er noch heute Kontakt, wenngleich die Zeit vor niemanden halt macht: „So mancher, der als Gast zu uns kam und als Freund ging, ist leider bereits verstorben.“ Doch die besonderen Geschichten und die unvergesslichen Erlebnisse am Rußbachbauer, die wurden sorgsam weitergegeben. So besuchen nun die Enkelkinder der einstigen Urlauber den Hof, um das zu suchen, was die Vorfahren hier fanden: Natur, Ruhe sowie die Liebe zur Landwirtschaft und dem Tier an sich. „Das ist nun mal der Lauf der Zeit“, weiß Josef. Er hilft seinem Sohn nach wie vor bei der täglichen Arbeit, so gut er kann. Im Weg steht sich hier niemand, denn alle – Großeltern, Jungbauern und deren Nachwuchs – haben dasselbe Ziel vor Augen: Den Hof in ein sichere Zukunft zu geleiten. Von der Familie, für die Familie. Von Generation zu Generation.

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