So schön, jetzt san‘s wieder da
Karin Huber vom Waldbothgut nahe Linz erinnert sich an die Freude nach dem ersten Lockdown, als sie endlich wieder ihre Stammgäste begrüßen durfte. „Dabei ist bei uns im Winter eh nie viel los, wir sind ja in keiner Skiregion.“
Hofgeschichten aus einem etwas anderen Winter
Was für ein Winter: Schnee, Sonnenschein … und Lockdown. Gastgeber vermissen ihre Gäste! Wie haben die bäuerlichen Vermieterinnen und Vermieter eigentlich die letzten Monate verbracht?
Urlaub am Bauernhof-Betriebe zeigen sich persönlich.
Eine Serie quer durch die Bundesländer von Elisabeth Freundlinger
Karin Huber vom Waldbothgut nahe Linz erinnert sich an die Freude nach dem ersten Lockdown, als sie endlich wieder ihre Stammgäste begrüßen durfte. „Dabei ist bei uns im Winter eh nie viel los, wir sind ja in keiner Skiregion.“
Techniker von nahegelegenen Baustellen und Kulturinteressierte – das sind großteils die Gäste vom Waldbothgut. Die Arbeiter bleiben unter der Woche, die Stadturlauber sind dann am Wochenende da. Für die Vermieterin wird es durch den steten Wechsel mitunter mit der Arbeit ganz schön eng. Sie hat ja nur eine Putzhilfe zur Unterstützung, der Rest wird selbst erledigt.
Der Vierkanter
Und das Haus ist groß. Wenn man denn von einem „Haus“ sprechen kann. Ein Vierkanter ist es, der da majestätisch in der Landschaft thront (Außenmaße 54 x 56 Meter!), ein altehrwürdiges Gebäude. „Wir haben einen Grundstein von 1783 gefunden“, erzählt Karin Huber stolz. „Und erst letztens hat uns der Pfarrer Aufzeichnungen aus dem Jahr 1470 gezeigt, in denen bereits von einem Waldbothgraben berichtet wird. Das heißt, dass es damals auch schon ein Waldbothgut gegeben hat. Laut Aufzeichnungen ist unsere Familie seit 1550 am Hof.“
Es ist gar nicht einfach, so ein großes Haus zu füllen: „Wir haben zwei Ferienwohnungen und sieben Zimmer, aber die reichen auf der einen Hausseite nicht einmal bis ganz nach hinten!“
Der Vorteil – gerade in Zeiten wie diesen: Platz.
„Unser Gästebereich hat einen separaten Eingang, der liegt sogar ums Eck. Das verschafft unser Familie Privatheit und ist in der aktuellen Situation natürlich auch für die Gäste besonders von Nutzen. Distanz-Halten ist auf unserem Hof wirklich kein Problem!“
Zentralraum Linz
Die Nähe zur Stadt spielt für die Gäste vom Waldbothgut eine große Rolle. Ob das reichhaltige Kulturangebot von Linz (halt, wenn kein Lockdown ist) oder die gute Erreichbarkeit der jeweiligen Arbeitsstellen für die am Waldbothgut einquartierten Techniker. Man ist schnell einmal in der Stadt und schnell wieder draußen in der grünen Idylle. Die Fülle an Angeboten und Möglichkeiten macht den Reiz und wird von den Gästen sehr geschätzt.
Viel Ruhe und viel Zeit
Neben dem großen Ruhegarten in der Streuobstwiese, mit Hängematte und Bankerl für alle, hat der Vierkanter vom Waltbothgut auch einen schönen Innenhof. Dieser war aber schon immer das private Rückzugsgebiet von Familie Huber, die mit Oma und den Kindern (16, 13, 7) in drei Generationen am Hof lebt. Die richtige Balance zwischen Rückzug und Kontakt ist sowohl für die Familie als auch für die Gäste ein wichtiges Thema.
Die arbeitenden Gäste, also die Ingenieure und Techniker, die unter der Woche am Waldbothgut wohnen, sorgen abends für Geselligkeit. „Wenn die Männer im Sommer unter der Woche draußen am Feuer beieinanderstehen und reden, das ist schon was Schönes. Die fangen ja schon zeitig in der Früh mit dem Arbeiten an und am Abend genießen sie dann unseren Garten zum Runterkommen. Als dann auf einmal keiner da war, war es schon sehr still. Auch wenn wir dadurch mehr Zeit hatten.“
Arbeit gibt’s am Waldbothgut immer. Die Hubers betreiben Ackerbau und Forstwirtschaft, dazu kommen Hühner und Schweine für den Eigenbedarf. Wenn Zeit bleibt und der Obstanfall passt, folgt Bauer Franz seinem ganz besonderen Hobby: Er brennt köstliche Edelbrände und Schnäpse. Diese werden später an die Gäste und Stammkunden verkauft. Nicht jedes Jahr hat Franz dafür die Muße – heuer aber schon.
Schnaps ist nicht gleich Schnaps
Schnapsbrennen – wie geht denn das eigentlich?
„Gleich hinter dem Obstgarten liegt unsere Streuobstwiese mit Birnen-, Zwetschken- und Apfelbäumen. Ende August ist es losgegangen: Das Obst – diesmal waren es nur Birnen – wird eingesammelt. Wir sortieren schon beim Aufklauben und verwenden nur gesundes Obst. Das wird erst einmal gründlich gewaschen und danach in der Obstmühle fein zerkleinert. Dieser Brei wird mit Gärhefe vermengt und im Gärfass verschlossen“, erzählt Franz Huber, der das Schnapsbrennen mit großer Sorgfalt und Leidenschaft betreibt. „Diese Masse, die sogenannte Maische, wird dann 1-2 Monate stehengelassen, damit sie in Ruhe gären kann. Im Dezember habe ich dann mit dem Brennen angefangen.“
Wissenschaft und Kunst
In einem eigenen Brennraum hat Franz Huber den großen Brennkessel aufgebaut. Dieser fasst 85 Liter und wird noch auf die alte Art, mit Holz, beheizt. Durch das Erhitzen der Maische steigen Alkohol und Aromen auf, werden abgeleitet und gekühlt. Fertig ist der erste Brand – welcher Lutter oder Raubrand genannt wird. Aber Schnaps ist das noch keiner.
„Nach dem ersten Brand wird der Kessel gereinigt und ich brenne ein zweites Mal. Erst jetzt – nach dem zweiten Brand – entsteht der Edelbrand.“
Aber auch hier ist Schnaps nicht gleich Schnaps. Während des Brennvorgangs muss der Experte den Alkoholgrad ganz genau messen. Was zuerst runterkommt, nennt man Vorlauf – dieser ist zu stark. Was zuletzt kommt, ist der Nachlauf – dieser ist zu schwach. Beides ist für den Genuss unbrauchbar. (Den Vorlauf verwenden die Hubers gern zum Putzen.) Das Herzstück aber, jener Brand mit einem Alkoholgehalt von 75-80 Volumsprozent, wird sorgsam mit entkalktem Wasser versetzt und in Flaschen abgefüllt.
Zwei Wochen hat das Brennen diesmal gedauert (je 12 Stunden von Montag bis Samstag), dabei wurden 2600 Liter Maische zu 160 Liter verkaufsfähigem Edelbrand verarbeitet.
Die Stammgäste warten schon drauf! Und die Hubers warten auf ihre Gäste.