Sternderl Schauen
Es ist ein wahrlich himmlischer Anblick. Auf den Berggipfeln hat sich das letzte Sonnenlicht mit dramatischen Schattierungen aus Violett-Tönen verabschiedet. Bald werden die Almen sanft in einen schwarzen Mantel gehüllt. Man tritt vor die Hüttentüre, atmet die klare Nachtluft und richtet unwillkürlich den Blick nach oben. Erst leuchtet die Venus hell und prall am Nachthimmel und nach und nach beginnt es zu glitzern, wie Millionen Diamanten auf dunklem Samt. Ein Sternenhimmel, so bezaubernd und eindrucksvoll, wie er nur auf einer Alm auf über tausend Metern Höhe sein kann, entfaltet seine ganze Pracht. Kein Licht, kein Lärm stört das archaische Schauspiel. Hoch oben auf der Alm ist man eins mit dem Firmament, mit der Schöpfung in ihrer vollendeten Form.
Wenn der Wagen am Himmel und nicht vor der Haustür steht
Wahre Sternanbeter rücken sich ihren Liegestuhl zurecht, hüllen sich in eine warme Decke und dann kann die Sternbild-Suche los gehen. „Schau, dort oben der Orion, unverkennbar mit Schwert und Gürtel“. Rechts oben der große Wagen, erkennbar an seiner Deichsel. Als helles Häufchen sind die Plejaden auszunehmen und am Nordhimmel prangt die zackige Kassiopeia. Dazwischen schlängelt sich als dichte Sternansammlung die Milchstraße. Beschauliches Sternderlschauen statt hektischer Discokugeln, das ist die neue Form des alpinen Urlaubsglücks, die man hierzulande nur auf einer Alm erleben kann. Dort, wo die Lichtverschmutzung noch nicht zugeschlagen hat.
Mit einem Grinser im Gesicht
Hans Köchl ist begeisterter Hobbyastronom und betreut gemeinsam mit seiner Frau Ingrid die private Sternwarte im Hotel Pacheiner auf der Gerlitze in Kärnten. Sie ist die einzige Sternwarte in einem Hotel, die öffentlich zugänglich und mit einem Spiegelteleskop mit großer Detailgenauigkeit ausgestattet ist, das weit über Hobby-Dimensionen hinaus geht. Dort macht er regelmäßig Führungen für die Gäste und erklärt ihnen den Sternenhimmel. „Die Sternwarte ist die absolute Hotel-Attraktion. Wenn wir dann nach einer besonders intensiven Himmelsbeobachtung hinaus gehen, haben alle einen riesen Grinser, weil sie so eindrucksvolle Dinge gesehen haben“, liest Köchl den Gästen die Begeisterung vom Gesicht ab. Für romantische Himmelsbeobachtungen brauche man aber kein Teleskop, es reiche das freie Auge oder ein besseres Fernglas, rät Köchl.
Nockberge, die dunkelste Region Europas
Die beste Region, um Sterne zu beobachten, sind für den Hobbyastronomen die Kärntner Nockberge. „Dieser Bereich ist nachgewiesenermaßen der dunkelste von ganz Europa. Hier gibt es keinen Lichteinfall und die Luft ist kristallklar“, weiß Köchl aus Erfahrung. Ein besonderes Erlebnis sei, eine Nacht im August auf der Glockenhütte an der Nockalmstraße zu verbringen und sich dem Sternen-Genuss hinzugeben. Vorzugsweise mit Campingstuhl und einem Flachmann mit Zirbenschnaps. „In einer klaren Neumondnacht kann man an so einem dunklem Ort 5000 bis 6000 verschiedene Sterne erkennen,“ macht er Lust auf das unendliche Firmament. Die ideale Beschäftigung für unverbesserliche Romantiker. In so einer Nacht jagt eine Sternschnuppe die andere. Und da kann man sich ja bekanntlich die schönsten Dinge wünschen, die in Erfüllung gehen, wenn man nur fest daran glaubt.
Mit der App in den Himmel schauen
Besser noch als der Sommer- sei für Hobbyastronomen der Winterhimmel. Im Winter seien die Nächte klarer und die absolute Dunkelheit falle früher ein. „Man sieht im Winter zwar nicht mehr Sterne, aber andere. Zum Beispiel die äußerste Region der Milchstraße“, erklärt der Experte.
Sollte man sich vorher einlesen oder die Sternenhimmel mit einer App erobern? Köchl: „Nur wenn man die Sterne kennt, sind sie deine Freunde. Wer die Himmelsbeobachtung professionell angehen möchte, ist mit einem Sternen-Atlas gut beraten.“ Auch das Handy mit der App Skyviewer oder Stellarium sei kein schlechter Begleiter. Man braucht es nur in Richtung Himmelskörper halten und bekommt „Antwort“ vom angepeilten Stern.
Köchl selbst ist Autodidakt in Sachen Sterne. Seine Begeisterung für die Galaxien hat er Saturn zu verdanken. „Ich habe meinem Sohn ein Spielzeug-Teleskop gekauft. Zu dieser Zeit gab es eine seltene Saturnbedeckung. Just in dem Moment, als ich hineingeschaut habe, ist der Saturn in seiner ganzen Pracht aufgetaucht. Seither hat mich das Virus Astronomie nicht mehr losgelassen.“ Köchl hat sich längst seine Sternwarte in Wernberg selbst gebaut und fotografiert von der Milchstraße bis zu den Polarlichtern Norwegens alles was am Firmament so auftaucht.
Sternwanderung mit Frigga und Punsch
„Sternlan schaun“ steht auch am Weißensee am Unterhaltungs-Programm für die Gäste. „In der Naturparkregion sieht man durch die wenigen künstlichen Lichtquellen die Sterne viel heller“, animiert Naturpark Ranger Robert Röbl die Gäste zu einer informativen Neumondwanderung auf die Naggleralm. Besonders gern zieht Röbl die Schneeschuhe an und stapft mit seinen Gästen durch die verschneite Landschaft. „Wir gehen am Nachmittag los, erleben einen eindrucksvollen Sonnenuntergang und wenn es finster wird, erklär ich allen die Sternbilder“, ist Röbl voll Begeisterung. Auf der Alm wird am Lagerfeuer Frigga und Punsch gekocht, für die meisten das große Highlight während des Urlaubs. Mit Schneeschuhen geht es dann wieder die Piste hinunter und alle sind vom Nachthimmel und Punsch gleichermaßen verzaubert.