#WieWirLeben: Die Am-Wasser-Lieblings-Aus-Zeit des Jungbauern
Thomas Winkler führt seit zwei Jahren in bereits 14. Generation den überaus frischen Ferienhof Neusacher-Moser am Weissensee. Eine erste Bestandsaufnahme bringt mir die Einsicht, dass man hierorts touristischen Leidensdruck nicht kennt. Das im Sommer angenehm warme Oberkärntner Gewässer ist „die“ Essenz Kärntens. Würde Herr Christian Kresse (Anmerkung: Oberster Kärnten Werber) seine Provinzstädtchen, Dörfer, Berge, Naturparke und Seen ähnlich der Destillation edler Tropfen, radikal auf eine Aussage reduzieren, der Weissensee wäre wohl unbestritten das Ergebnis. Ein Stück alpines See-Ensemble, stets badetauglich, natursattgrün und architektonisch gar nicht versaut. In anderen Worten: Garten Eden-Alarmstufe 3!
Jungchef Winkler schwebt irgendwie über den Dingen und ich bin mir nicht so sicher, wo ich ihn verorten soll, als wir beide eifrig über Betrieb, Erbe, Standort und den Familienclan sprechen. Denn, obwohl er den Landwirtschafts- und Beherbergungsbetrieb seit zwei Jahren denkt und lenkt, ist es doch eher ein Gesamtorchester, das hier den Gästewalzer schwingt. Oma, Opa, Mutter und Vater ziehen noch die Strippen, ohne dem Jungbauern das Leben schwer machen zu wollen. Es waren wohlgemerkt auch die Eltern, die ihn zwar recht bald mit einer sanften Brise Rückenwind und zahlreichen geförderten Auslandsaufenthalten gut auf die Hofübernahme vorbereiteten, ihm aber natürlich auch im Hier und Jetzt immer noch tatkräftig zur Seite stehen. Thomas hat zwei Schwestern. Eine lebt in Graz, die andere in Hamburg. Hofübernahme? Bingo. Er ist der Auserwählte und das war ihm schon bald bewusst.
„Ich bin der Springer im Betrieb. Bin da, wo man mich gerade braucht.“
Er agiert da, wo es ihm taugt und dort, wo er gebraucht wird. Ob im Stall, auf der Alm, beim Check-In, abends an der Bar, frühmorgens am See (dazu später noch mehr) oder beim Tüfteln mit der Webagentur, welche Informationen, denn in welchen Online-Kanälen ausgesendet werden sollten. Das ist sein Job. Und das kann er. Neben Landwirtschaftspraktika, saisonaler Koch-Praxis in Tirol, bekleidete er auch schon die Position eines Concierge in einem noblen Hotel in Schottland. Was soll da also noch kommen, abseits der zahmen Stammgäste des Hauses, die eh auf ewig Treue schwören. Thomas kümmert sich trotzdem in weiser Voraussicht auch um die Bespielung der „Social Medias“ und wie sein Hof mit den Übernachtungskapazitäten dort auftritt. Im digitalen Kosmos, aus dem zukünftig verstärkt Gäste-Buchungen generiert werden sollen. In der Landwirtschaft kann ich nicht mitreden (außer dass ich weiß, dass der Milchpreis, der derzeit an die Bauern ausbezahlt wird, eine Frechheit ist), aber Thomas Winkler wird diesen Betrieb gut in eine wohl auch digitale Zukunft führen, sofern Stammgäste, die jetzt noch direkt und analog buchen, ausbleiben sollten.
„Zukunft am Hof. Ein Stück Autarkie. Seesauna und der Alte Stall.“
Thomas hat viel vor, dabei aber keine Eile. Das merke ich. Während er ruhig in Richtung Seemitte rudert und wir über die Dinge sprechen, die noch kommen werden, skizziert er die Zukunft im Betrieb sehr präzise und das klingt gut. In Kürze die Photovoltaikanlage, um ein Stück weit autark zu werden. Das ist aber noch nicht alles. Der alte Stall soll bald umgebaut werden. Neben vier zusätzlich frischen Ferienwohnungen, die dort entstehen könnten, darf bei dieser Gelegenheit dann auch Platz für ein eigenes Domizil gefunden werden, wenn Familienplanung und das gemeinsame Zusammenleben mit der derzeitigen Freundin auf der Lebensagenda stehen. Das hat noch Zeit. Wie der Bau der hauseigenen Seesauna, die aber sicher kommen wird, glaubt man den Winkler’schen Zukunftsplänen, was ich überzeugt tue.
„Fährt man mit dem Boot Richtung Ostufer, wird der See immer mehr zum norwegischen Fjord“
Am Wasser scheint es ihm echt gut zu gehen. Ob gar noch besser, als im Betrieb am Neusacher-Ufer des „Lago Bianco“, möchte ich dahingestellt lassen. Auf alle Fälle ist er gerne da draußen am ruhigen See und auch wenn es nur mal eine Stunde zwischendurch ist, weil nicht mehr Zeit verfügbar ist. Das „Am-Wasser-Sein“ braucht er einfach, sagt er. Genießt es, will es, immer und immer wieder. Und ich kann es nachempfinden. Es ist ein herrlicher Frühsommertag, an dem wir im Ruderboot sitzen. Ich, der Städter, eher leicht aufgeregt. Er, der lokale Naturmensch und Jungunternehmer, strahlt Ruhe und Zufriedenheit aus. Im Wasser muss er gar nicht sein, meint er. Vielleicht wären es zwei bis maximal drei Mal pro Sommersaison, dass man ihn schwimmend erwischt. Das muss gar nicht sein. Auch fängt er wenig Fische, kennt kaum Ehrgeiz dafür. Nur am Wasser zu sein ist mehr als okay, weil „that’s the place to be!“ Und dabei halte ich es ganz mit dem Kärntner. Oder mit Nietzsche, der meinte: „Die größten Ereignisse, das sind nicht unsere lautesten, sondern unsere stillsten Stunden.“