Vom Blumenkisterl zum Gemeinschaftsgarten
Frühling wird’s! Mit den steigenden Temperaturen wächst bei vielen Leuten auch der Traum vom eigenen Garten. Dabei gilt die größte Sehnsucht meist gar nicht dem Liegestuhl, dem Grillplatz und dem Baumeln in der Hängematte – nein, das stärkste, in uns allen verwurzelte Bedürfnis gilt dem Garteln an sich.
Selbstversorger finden immer einen Weg
In die Erde fassen, säen, setzen, zusehen, wie es sprießt und gedeiht … und schließlich die eigene Ernte einbringen – das gehört zu den befriedigendsten Erlebnissen des Menschseins. Da nicht jeder einen richtigen großen Garten sein Eigen nennen kann, gilt es erfinderisch zu sein. So entstand in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts in New York der Trend zum Urban Gardening. Was anfangs auch unter dem Namen Guerilla Gardening den Zweck verfolgte, die Nahversorgung für sozial benachteiligte Menschen in dichtbesiedelten Stadtvierteln zu verbessern, wurde immer mehr zum Trend. Heute ist Selbstversorgung weniger ein ökonomisches, als ein ökologisches Prinzip. Schließlich will man wissen, was man isst, auch wenn man nicht gerade Urlaub am Biobauernhof macht. Gesundheitsbewusstsein und nachhaltiges Denken haben im Urban Gardening eine Vielfalt an kreativen Ideen hervorgebracht.
Städter schätzen sich überglücklich, wenn sie einen Balkon zur Verfügung haben, auf dem sie ihr eigenes Obst und Gemüse anbauen können. Darüber hinaus werden in vielen städtischen Parks Selbsterntefelder zur Verfügung gestellt, die gemeinsam bepflanzt werden. Und schon hat man nicht nur frisches Obst und Gemüse, sondern gleich auch noch ein paar Freunde mehr. Gemeinschaftsgärten stellen im Stadtleben einen wichtigen sozialen Faktor dar.
Einmal Garten, immer Garten
„Meine Tochter ist vor zwei Jahren nach Innsbruck gezogen“, erzählt Biobäuerin Karin Schabus vom Biobauernhof Seidl in Bad Kleinkirchheim. „Magdalena lebt dort in einer Studenten-WG. Als sie angefangen hat, ihren Balkon zu bepflanzen, hat mich das sehr stolz gemacht. Es war der Beweis, dass ich ihr als Mutter etwas Entscheidendes vorgelebt habe. Und während ich in meinem prachtvollen Bauerngarten fast alles anbauen kann, wonach mir der Sinn steht, muss sich Magdalena auf ihren paar Quadratmetern halt einschränken. Aber hier wie da gilt: Auf das Wesentliche kommt es an. Früher habe ich im Garten alles Mögliche ausprobiert, aber dann bald festgestellt, dass man nicht jedem Trend folgen muss.“
Karin Schabus, die dereinst vom fruchtbaren niederösterreichischen Mostviertel in die Kärntner Nockberge gezogen ist, hat selbst die Erfahrung gemacht, dass es nur auf eines ankommt: Auf die Liebe zum Garteln.
Diese Liebe ist bei vielen Stadtbewohnern sehr ausgeprägt. Je weniger Platz vorhanden ist, umso mehr Fantasie ist gefragt. Und so sieht man auf vielen Balkonen ungewöhnliche Pflanzgefäße: umfunktionierte Tetrapaks (praktisch ist der Verschluss zum Ablassen überschüssigen Wassers), Kartoffeln sprießen aus Pflanzsäcken, Kräuter gedeihen in kleinen Hochbeeten und auf Etageren, Hundefutterdosen werden mit Wollresten umwickelt zu hübschen Blumentöpfen. Jeder Zentimeter Freifläche wird genützt.
„In einem kleinen Garten muss man noch mehr auf die Zusammenstellung der Pflanzengemeinschaften achten. Aber aufpassen! Nicht alle Pflanzen sind miteinander kompatibel“, meint Karin Schabus. „Andere sind einander von Nutzen.“
So bewahrt der Knoblauch seine Nachbarn vor Pilzkrankheiten, Petersilie zwischen den Tomaten fördert deren Aroma und Spinat unterstützt durch seine Wurzelausscheidungen das Wachstum seiner „gemüsigen“ Nachbarn. „Auch wichtig: Für den Balkon sollte man sich robuste Pflanzen anschaffen, keine kapriziösen. Wichtig ist es auch, vorauszudenken und mehrjährige Pflanzen anzubauen.“ Warum? „Damit man schon im Frühling den ersten Salat ernten kann. Gerade dann braucht man die meisten Vitalstoffe und hat die größte Freude an der eigenen Ernte.“
Platz ist ein wichtiges Thema: Pflücksalate eignen sich auf Balkonen und in Blumenkisten besser als Kopfsalate, Rankhilfen hängen vom zur Verfügung stehenden Bodenvolumen ab, denn sie müssen ja stabil verankert werden. Platzsparend anzubauen sind auch Radieschen, Paprika, Gurken, Zucchini, Mangold oder beim Obst Erdbeeren, die man auch in Blumenampeln ziehen kann.
Tomaten mit Charakter
Ein Gemüse, das unbedingt immer mit dabei sein muss, ist die Tomate. Klar, Tomaten sind vielseitig verwendbar, am besten schmecken sie im Salat oder überhaupt direkt vom Strauch gepflückt. Dennoch – oder gerade deshalb? – hört und liest man in verzweifelten Gartenblogs immer wieder von den kapitalen Bruchlandungen diverser Hobbygärtner, wenn es darum geht, dieses Gemüse durchzubringen. Man könnte beinahe meinen, dass die Tomate, die im Urban Gardening als heimliche Königin gehandelt wird, dann eben auch entsprechende Allüren entwickelt hat: „Im ersten Jahr verfault, im zweiten vertrocknet, im dritten Jahr rankten die Triebe munter empor, aber sie trugen keine Früchte …“, klagt eine Hobbygärtnerin.
Was rät die Biobäuerin? „Alles eine Frage der Sorte“, sagt Karin Schabus. „Mit robusten Cocktailtomaten kann nicht viel schiefgehen. Allerdings sollte man die Balkonpflanzen nicht zu sehr verwöhnen. Wenn man zu kontinuierlich gießt, muss die Pflanze kein stabiles Wurzelsystem ausbilden, denn das Wasser kommt dann eh immer von oben. Besser ist es, wenn man fleißig mulcht, also den Boden immer gut abdeckt. Dann bleibt die Flüssigkeit in der Erde und die Sonne kann auch keinen so großen Schaden anrichten.“ Wer seine Balkonpflanzen zu sehr verwöhnt, wird unabkömmlich. Das rächt sich spätestens im Sommer. Wer will schon wegen der Tomaten auf den Urlaub verzichten? Schließlich gibt es auf den Österreichischen Bauernhöfen prachtvolle Gärten zu sehen und so viel über den Anbau zu lernen! Am Bio-Bauernhof Seidl kriegen die Urlaubsgäste nicht nur ein gesundes Frühstück mit frischen Produkten aus dem Bauerngartl aufgetischt, sie können auch den einen oder anderen wertvollen Tipp mit nach Hause nehmen. Etwa, wie man eine geschmackvolle Teemischung zusammenstellt, aus Ringelblumen eine entzündungshemmende Salbe macht oder Kräuterkissen nach den eigenen Vorlieben und Bedürfnissen zusammenstellt. Ganz nach dem Motto der Bäuerin: Kunterbunt hält g’sund.