Architektur mit Geschichte. Tirols alte Bauernhöfe

Bäuerliche Tradition, 26.04.2022, Elisabeth Freundlinger

Das Land macht die Menschen. Die Menschen bauen Häuser. Und die Häuser formen wiederum ihre Bewohner …

Man kennt das schöne Tiroler Bauernhaus, über dessen kunstvoll geschnitzten Holzbalkon eine üppige Blumenpracht wogt.
Man kennt auch das kleine verwunschene Bergbauernhäusel mit den grünen Fensterläden.
Und man kennt stattlich gemauerte Höfe mit prachtvoller Fassadenmalerei.
Was ist Tirol? – Tirol ist unter anderem ein Land der architektonischen Vielfalt.

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Architektur mit Geschichte. Tirols alte Bauernhöfe.

Das Land macht die Menschen. Die Menschen bauen Häuser. Und die Häuser formen wiederum ihre Bewohner …

Man kennt das schöne Tiroler Bauernhaus, über dessen kunstvoll geschnitzten Holzbalkon eine üppige Blumenpracht wogt.
Man kennt auch das kleine verwunschene Bergbauernhäusel mit den grünen Fensterläden.
Und man kennt stattlich gemauerte Höfe mit prachtvoller Fassadenmalerei.
Was ist Tirol? – Tirol ist unter anderem ein Land der architektonischen Vielfalt.

 

Es macht einen großen Unterschied, ob man sein Haus im Gebirge baut oder im Tal, am Rand einer Au-Landschaft oder in einer Stadt. Früher wie heute gilt: Die Vorgaben des Klimas, die Bodenbeschaffenheit und natürlich die bäuerliche Bewirtschaftungsform entschieden – und entscheiden nach wie vor – über die Bauweise einer Region. Dazu kommen kulturelle Traditionen. Das Ergebnis sind Bauernhöfe wie aus dem Bilderbuch. Heute ist ja alles möglich, doch zu den schönsten Bauernhöfen zählen nun einmal jene, die schon Jahrzehnte – oder gar Jahrhunderte – auf dem Buckel haben. Was einst der Funktionalität diente, gilt heute als Schmuck.

Man darf die Vergangenheit freilich nicht verklären. Früher war das Leben hart, besonders auf dem Bauernhof. Man denke nur an die Zeiten, als das Heizen nicht selbstverständlich war, und die Menschen erst Bäume fällen und das Holz kleinhacken mussten, bevor sie etwas kochen konnten. Nein, das Leben in der Natur war nicht immer romantisch. Die Rahmenbedingungen waren hart und herausfordernd. Manch einer warf das Handtuch. Umso berührender, wenn man auf einen Bauernhof trifft, der seit mehreren Generationen im Besitz einer einzigen Familie ist.

Osttirol: Der Tassenbacherhof

„Unser Hof stammt aus dem 16. Jahrhundert und war immer im Besitz unserer Familie“, erzählt Margit Aigner vom Tassenbacherhof in Osttirol. Im Jahr 2012 hat sich die Vermieterin nach langem und sehr gründlichem Überlegen gemeinsam mit ihren erwachsenen Kindern zum Restaurieren des Bauernhofs entschlossen.

Mein Ziel war immer, das Ursprüngliche zu erhalten“, sagt Margit Aigner, der immer bewusst war, welchen kulturellen Schatz dieses Haus darstellt.

Gut durchdacht

Mit viel Bedacht und über zwei Jahre wurde restauriert, und das Ergebnis spricht für sich: Jetzt vereint der Tassenbacherhof auf ganz gekonnte Weise und bis ins Detail das Alte mit dem Neuen. Moderner Komfort meets alten Fuhrmannshof!

Die dicken Mauern sind aus Bachsteinen, die Fassade besteht aus luftdurchlässigem Kalk. Die Fenster, welche in den 70er Jahren erneuert worden waren, wurden behutsam wieder zurückgebaut. Der Unterschied zu früher: Die Kastenfenster von heute sind schalldicht.
Nach dem Motto „Qualität vor Quantität“ gibt es in dem imposanten, 3-stöckigen Gebäude nur eine Ferienwohnung – diese verfügt aber über 250 m2 Wohnfläche. Die Zimmer mit den insgesamt 10 Betten erinnern liebevoll an die einstige Nutzung: Knechte Kommr, Buabm Kommr, Gitschn Kommr, Kuchl –  oder sie wurden neu eingerichtet wie die Schwitz Kommr mit der luxuriösen Zirbensauna und dem gemütlichen Wellnessbereich.

„Raum schafft Freiheit. Unsere Gäste sollen hier unter sich sein, und auch laut sein dürfen.“
Auch die Möblierung ist eine geschmackvolle Mischung als Alt und Neu. Das Neue besteht aus Naturmaterialien, vor allem aus Vollholz; das Alte stammt aus dem eigenen Fundus und wurde aufwändig restauriert.

„Das Alte soll weiterhin spürbar sein, deshalb haben wir zum Beispiel die Böden absichtlich schief gelassen“, sagt die Urlaub am Landhof-Vermieterin. Und ja. Natürlich kommen die Gäste auch wegen der schönen Landschaft – aber der Hauptgrund für die Buchung ist immer das Haus.

Das Tiroler Oberland: Bauernhof Wachter

Das Paradebeispiel für einen perfekt restaurierten Hof ist jener der Familie Wachter im Zentrum von Fiss im Tiroler Oberland.
„Unser Hof ist über 350 Jahre alt“, sagt die Bäuerin und 5-Blumen-Vermieterin Ulrike Wachter. „Im Giebel des Urhofs ist die Jahreszahl 1674 eingraviert, der Keller ist aber sicher noch älter.“

Seit wann ist der Hof denn schon im Besitz der Familie?
„Das kann man nicht genau sagen, denn durch die in unserer Region übliche Realteilung waren irgendwann drei Familien ins Grundbuch geschrieben, die waren nicht einmal miteinander verwandt. Ende des 19. Jahrhunderts wurde dies aufgelöst, und im Endeffekt hat unsere Familie das Haus übernommen.“

Rasch, bevor der Winter kommt!

 

Der schöne Oberinntaler Durchfahrtshof besteht heute aus zwei getrennten Gebäuden, einem alten und einem neuen. Dazwischen befinden sich Stadel und Stall. Als Thomas und Ulrike Wachter den Hof 2010 von den Eltern übernahmen, begannen sie sofort umfangreich zu restaurieren.

Beim Umbau haben die Wachters großen Wert auf die Authentizität des Bauernhofs gelegt. „Wir haben ganz bewusst typische Elemente unserer Tiroler Kultur erhalten. Deshalb gibt es einen Herrgottswinkel und einen Kachelofen, und aus dem ebenerdigen Küchenfenster kann man zum Stall schauen.“ Bei der Renovierung des alten Hauses blieben auch die ursprünglichen rätoromanischen Elemente wie etwa das große Rundbogentor, erhalten.

Wissen das die Gäste zu schätzen?
„Ja. Unsere beiden Häuser sind ja sehr unterschiedlich: Das alte Haus ist verwinkelter, hat Stufen und eine niedrigere Raumhöhe – das neue Haus ist großzügiger. Wir achten schon beim Buchungsgespräch darauf, dass jeder Gast seinen richtigen Platz findet, und das gelingt uns meistens recht gut!“

Entstanden ist ein ganz besonderes Baujuwel.
„Wir passen in keine Schublade. Die Wände sind schief, die Böden knarren, aber genau das macht den Charme unseres Hauses aus.“
Die Kombination von Luxus, Komfort und hochwertiger Architektur spiegelt sich auch in der 5-Blumen-Prämierung von Urlaub am Bauernhof wider: Der Baby- und Kinderbauernhof Wachter bietet ein exklusives und luxuriöses Urlaubserlebnis mit einem außergewöhnlichen Bauernhofambiente und erfüllt höchste Ansprüche in bäuerlicher Atmosphäre.

Das Tiroler Unterland: Der Drittlhof

Wer’s kennt: Der Drittlhof im Brixental sieht ein wenig so aus wie die Filmkulisse vom „Bergdoktor“. Dieser Pracht-Bauernhof liegt malerisch etwas erhöht über dem Ort. Im Unterschied zur Fernsehserie leben und arbeiten hier aber echte Menschen. – Wie ist das eigentlich, wenn man dort lebt, wo andere Urlaub machen?

„Ja, wir waren wirklich schon einmal für eine Folge vom Bergdoktor im Gespräch. Es ist ja wirklich ein besonderes Haus. Natürlich machen wir es uns schon immer wieder bewusst, wie gut wir‘s hier haben. Vor allem in der Pandemie, da haben wir es ausgenutzt, das ganze Haus für uns zu haben und wir haben auch einmal in den eigenen Ferienwohnungen geschlafen“, lacht Bäuerin Gertraud Dornbusch, die im Ort, wie es nun einmal in Tirol üblich ist, nach dem Hof „Drittl-Gertraud“ genannt wird.

Dort leben, wo andere Urlaub machen …

„Mein Mann und ich sind den Vorfahren sehr dankbar, dass sie das Haus erhalten haben. Andere Bauern haben ihre Häuser abgerissen und neu aufgebaut, unser Hof wurde bewahrt. So hat zum Beispiel noch mein Schwiegervater das Haus unterfangen und nachträglich einen Keller gebaut.“

Und wie bewahrt ihr die strahlende Fassade?
„Ganz einfach: das Haus wird alle paar Jahre heruntergewaschen. Früher war das sehr aufwändig, da wurde alles eingerüstet, und dann hat die Arbeit bis zu zwei Wochen lang gedauert. 5-10 Leute haben mit Kübeln eine Aschen- oder Brennnessellauge angeschleppt, die wurde aufgetragen und händisch eingebürstet. So wurden die dunklen Verfärbungen, die durch das Sonnenlicht entstehen, wieder entfernt, und es war auch ein Schutz gegen Holzwürmer. 2019 haben wir das zuletzt gemacht, allerdings mit Hubstapler, Dampfstrahler und Sodalauge. Zu viert haben wir einen Tag gebraucht.“

Neben der Erhaltung des Gebäudes und der Vermietung betreiben die Drittl-Bauern eine für die Region typische Bio-Heumilchwirtschaft. Insgesamt sind es an die 40 Stück Vieh, die im Sommer auf der Alm leben. Am Hof bleiben dann nur die Kleintiere, welche die Gäste erfreuen und praktische „Mäharbeiten verrichten“, wie Gertraud Dornbusch erzählt.

Ist das Haus ein Buchungsgrund?

„Wir sind noch nicht so lang dabei, dass ich das abschätzen kann, aber ich glaube schon. Unsere Gäste lieben das Wohn- und Wohlgefühl im Holzhaus, auch wenn das Material ein wenig ‚hellhörig‘ ist. Man hört halt durch, wenn unser kleiner Ferdinand oben herumrennt. Aber unsere Gäste haben meistens selber Kinder und einen ähnlichen Rhythmus, und es hat sich noch keiner beschwert. Die Gäste schätzen vielmehr unsere Bemühungen um Nachhaltigkeit, die ja auch bei der Innengestaltung eine große Rolle spielt.“

Urlaub mit Mehrwert

Urlaub am Bauernhof ist gelebte Authentizität, das Eintauchen in eine andere Lebensweise. Wenn man nach dem Urlaub nach Hause fährt, will man mehr mitnehmen als gute Erholung und ein Glas selbstgemachter Marmelade. Wer Glück hat, gewinnt aus den Erfahrungen die eine oder andere neue Denkweise.
Vieles, was heute als romantisch-rustikal gilt, hatte dereinst eine handfeste Funktion. Die Balkone waren etwa zum Trocknen der Wäsche oder für den Gang zum Abort.
Heute sind die geschnitzten Holzbalkone das Merkmal von so manch prächtigem Tiroler Bauernhof – so ändern sich Perspektiven und wir verändern uns mit.

Elisabeth Freundlinger
Urlaub am Bauernhof Österreich, 21 Artikel
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