Papst schwört auf Tiroler Hausschuhe
Einst als wetterfeste Kleidung für Landarbeiter gedacht, hat sich Tiroler Loden zum praktischen, sowie modischen Outfit gemausert. Tiroler Janker und Doggln haben weltweit reüssiert.
Kaiser Franz Josef war ein bodenständiger Mann, der nichts lieber tat, als in seinem geliebten Bad Ischl auf die Jagd zu gehen. Dafür brauchte er praktische, wetterfeste Kleidung. Nichts eignete sich so gut, wie der unverwüstliche Loden, der zu Jankern, Hüten, Mänteln und Hosen im Alpenraum verarbeitet wurde. Als Franz Josef im Lodenjanker gesichtet worden ist, wurde das kratzige Kleidungsstück, das früher nur die Bergbauern für ihre Arbeit benutzt hatten, plötzlich salonfähig. Ja absolut edel und hip, würde man heute sagen - der Kaiser als erstes Testimonial für Lodenjanker. Auch der naturverbundene Erzherzog Johann ward vorzüglich in Schladminger-Jacken, mit Ausseerhut und Haferl-Schuhen gesichtet, seine Frau Anna Plochl im feschen Ausseer-Dirndl.
Ein Revival von der Wegwerfmode hin zur Qualität hat dem Loden, ob als Interior-Desgin, als Kleidung, Schuhe, Hüte, wieder zu neuem Ansehen verholfen und das nicht nur am Land und beim Adel. Wer heute ein unverwüstliches Kleidungsstück haben will, das nie aus der Mode kommt, greift zu einer feschen Jacke aus Tiroler Loden oder einen Schladminger Janker mit Hirschhornknöpfen und grüner Paspelierung. Designer haben längst dafür gesorgt, dass aus der Traditionskleidung schicke, figurbetonte Schnitte entstanden sind, die auch bei jungen Leuten Anklang finden.
Der Begriff Loden stammt aus dem Althochdeutschen und bedeutet „grobes Tuch“. Grob, das war er damals wirklich. Grob, kratzig, schwer, aber widerstandsfähig und für ein Leben gemacht. Heute hat Loden einen weichen, angenehmen Griff, doch das Wollgewebe, das durch Walken mit Wasser und Seife noch einmal verdichtet und aufgeraut wird, hält Schnee und Regen stand. Ein guter Loden wird aus Streichgarn hergestellt, dem außer Wolle auch Kamelhaar, Kaschmir, Alpaka, Mohair hinzugefügt werden kann. Traditionell ist er grün, braun oder grau, wenn er als Trachtenjacke oder für die Jagd verwendet wird, mittlerweile sieht man ihn in allen Farben des Regenbogens, ein Zeichen, dass er seinen Weg in den Modehimmel geschafft hat. Für einen Almurlaub ist so ein Lodenteil also das ideale Kleidungsstück.
Papst trägt Zillertaler Doggln
Bei der Modeschau von Vivien Westwood in Paris, im Jahr 2019 sorgten die Doggln (Hausschuhe) der Zillerstaler Doggl-Manufaktur für Aufsehen. Die Models schritten selbstbewusst mit handgenähten Zillertaler Hausschuhen über den Laufsteg. Darauf sind Firmenchef Günter Hartl und seine Frau noch heute stolz. Kein Wunder, auch Vivien Westwood trug die warmen Patschen aus Überzeugung, ebenso Papst Franziskus. „Unsere Doggln aus reiner Schafwolle sind zu hundert Prozent handgenäht und absolut nachhaltig“, lobt Hartl sein Produkt, das für Kunden gemacht ist, die auf warme Füße stehen. „Wir garantieren: nie wieder kalte Füße“, verspricht er. „Wir sind die einzigen, die das Knowhow zur Herstellung haben, leider wird das Handwerk über kurz oder lang aussterben“, bedauert der Schuhmachermeister aus dem Zillertal und hofft auf seinen Sohn, der vielleicht in seine Fußstapfen treten wird. Mittlerweile erzeugt man in der Manufaktur auch Pantoffeln, beschäftigt Designer und verziert die Doggln auf Wunsch mit Swarovsky-Kristallen und pocht auf Nachhaltigkeit. Der wahre Luxus ist jedoch die alte Handwerkskunst.
From sheep to shop
Nicht jedes Schaf des Ötztaler Schafwollzentrums kennt Firmenchef Johannes Regensburger beim Namen. Schließlich verarbeitet man die Wolle von Schafen aus Tirol, Bayern, Südtirol und der Schweiz – aber ausschließlich von Tieren in 1-A-Qualität. 250 Tonnen Wolle jährlich produziert die Firma für wollverarbeitende Betriebe in ganz Mitteleuropa. „From sheep to shop“ heißt das Motto auf gut „Ötztalerisch“. Interessierte können sich dort umsehen, sowohl im Laden als auch in der Werkstatt. Schafe Streicheln inbegriffen.
Give me „A Geiger“
Als Skilegende Toni Sailer im Jahr 1956 in Cortina auf Olympiakurs ging und drei Goldmedaillen einfuhr, brillierte er in einem Geiger-Pullover. Das wollene Stück wurde zum meist fotografierten Kleidungsstück seiner Zeit. In Amerika war es der berühmte Walkjanker aus Schwaz in Tirol, der die Jugend begeisterte. „A Geiger“ wurde zum Synonym für Lodenjacken, wie der Uhu für Klebstoff. „I want a Geiger, verlangen amerikanische Touristen auch heute noch, wenn sie in Österreich eine Lodenjacke kaufen wollen“, erzählt Peter Geiger, Firmenchef in vierter Generation in Schwaz in Tirol. Skilegenden wie Toni Sailer, Anderl Molterer und Ernst Hinterseer gingen im Sommer samt Geiger-Pullover nach Amerika und Japan als Skilehrer. „Danach haben wir tonnenweise Pullover nach Amerika und Asien verkauft“, so Peter Geiger. Noch heute sind die Märkte in Fernost und Amerika die wichtigsten für die Tiroler Firma. „In Südkorea sind wir wahrscheinlich bekannter als in Österreich.“ Die Kernkompetenz des Unternehmens sind modische Kleidungsstücke aus hundert Prozent Schafwolle, von feinster Merino- bis zu grober Shetland-Wolle. Zulieferfirmen sind zwei Spinnereien aus Österreich. „Wir legen Wert auf kurze Transportwege und höchste Qualität“, betont der Firmenchef. Sorgen um die Nachfolge braucht er sich nicht zu machen. Sieben Nachfolger mit neuen Ideen und viel Kreativität scharren bereits in den Startlöchern.