Von der Wanderlust der Habsburger
Kaiser Maximilian I liebte die Kletter-Show in steilen Wänden, die sportliche Kaiserin Elisabeth eroberte die Berge im Laufschritt, Kaiser Franz Josef ging zünftig in Lederhosen und Haferlschuhen auf Gamsjagd, Thronfolger Franz Ferdinand eroberte als „Schießwütiger Jäger“ die Geschichte. Und der naturbegeisterte Erzherzog Johann von Österreich galt als Pionier des Alpinismus.
Eines hatten die Habsburger Herrscher im Laufe der über 500-jährigen Geschichte gemeinsam: Sie machten die Berge im Alpenraum hoffähig und waren wohl die ersten Sommerfrischler und Almhütten-Urlauber Österreichs. Der große Unterschied: komfortabel ausgestattet waren die damaligen Hütten oder sogenannten „Kasn“ wohl nicht. So richtig kaiserlich kann man sich erst heute in einer der rund 450 Almhütten Österreichs fühlen. Von der im Wald versteckten Selbstversorgerhütte bis zum Holz gewordenen Design-Domizil zwischen Latschen und Zirben reicht die Auswahl. Davon konnten die noblen Herrschaften damals nur träumen. Es ist jedenfalls ein wahrhaft herrschaftliches Erlebnis, sich auf die Spuren der Habsburger auf Österreichs Bergen und Almen zu begeben.
Kaiser Max und die Grillparty
Kaiser Maximilian (1459 – 1519) genoss auch während der Jagd die Bewunderung der holden Weiblichkeit. Denn die Jagd wurde bei ihm zu einer gut vorbereiteten Show. Die tollkühnen Darbietungen in den schroffen Felsen der Martinswand bei Zirl in Tirol sorgten bei der hochadligen Gefolgschaft für Begeisterung, bei den Damen kam es mitunter sogar zu Ohnmachtsanfällen. Als es der Kaiser einmal zu tollkühn trieb, sich in den Felsen verstieg und weder vor noch zurückkonnte, half ihm ein Jäger geschickt aus der Wand. Der Sage nach wurde aus dem Jägersmann ein Engel, der vom Himmel fiel.
Die Martinswand ist noch heute ein Hotspot für Kletterer. Den Kaiser Max-Klettersteig muss jeder Bergsteiger, der etwas auf sich hält, einmal gestiegen sein. Auch beim Angeln war Kaiser Max ein Ass. Am Heiterwanger- und Plansee bei Reutte in Tirol perfektionierte er das, was man heute Hunt & Fish nennen würde. Nach der anstrengenden Gamsjagd erholte er sich beim Fischen. Die launige Forelle verspeiste man bei der anschließenden Grillparty am Seeufer. Rund 500 Jahre später genießen Gäste noch immer die frisch geangelten und köstlich zubereiteten Forellen, doch meistens in den Restaurants und Gasthäusern der Umgebung.
Im Laufschritt auf die Alm
„Kaiserin Elisabeth war eine außergewöhnliche Sportlerin, die überall im Eilschritt hinaufgestiegen ist“, weiß die Kärntner Historikerin Claudia Fräss-Ehrfeld, die sich eingehend mit der Geschichte der Habsburger befasst hat. Zur Berg- kam die Naturbegeisterung der Kaiserin (1837 bis 1898). Bad Ischl wurde zum Hotspot für ihre alpinen Ausflüge ins Salzkammergut. Fernab vom strengen spanischen Hofzeremoniell in Wien konnte sie endlich aufatmen und die Frische des Sommers genießen.
Ziel ihrer Abenteuerlust war auch die Zwieselalm im Dachsteingebiet sowie die Postalm in Abtenau. In der Postalmhütte wurde sie wohl zur ersten prominenten Almhüttenurlauberin. Noch heute kann man ihr einfach eingerichtetes Zimmer besichtigen, von Komfort keine Spur. Laut den Aufzeichnungen schlenderte die wanderlustige Sissi nicht gemächlich über die Almen, sondern sie joggte (würde man heute sagen). Zum Leidwesen ihrer Köchin, die sie am Berg verpflegen sollte. Der rundlichen, unsportlichen Dame in voluminösen Gewändern mit zahlreichen Unterröcken und Mieder gefiel das gar nicht. So engagierte man kurzerhand ein paar drahtige Einheimische, die die Köchin auf einer Sänfte auf die Alm schleppten.
Almurlaub passt gleichermaßen für Fitte und Bequeme – da hat sich nicht viel geändert. Bis auf die Kleidung, die heute funktionell und praktisch ist, im Gegensatz zu den straff geschnürten Miedern und bodenlangen Röcken der damaligen Zeit.
In den Kaiserschmarrn verliebt
Über Kaiser Franz Josef (1830 bis 1916) weiß Fräss-Ehrfeld vor allem zu berichten, dass er die Berge rund um Bad Ischl vor allem wegen des dort in großer Zahl herum hüpfenden Wildes schätzte. „Er war ein wirklich leidenschaftlicher Jäger.“ 82 Sommer lang ging er zünftig gekleidet in Lodenjoppen, Lederhosen und Haferlschuhen auf die Pirsch, die kaiserliche Uniform blieb im Kasten. Gern besuchte auch er die eine oder andere Hütte, um sich dort zu stärken und zu übernachten. In so einer Kasn habe ihm ein Hüttenwirt einst einen „Kasn-Schmarrn“ mit extra viel Butter, Eiern und Schwarzbeeren vorgesetzt. Die kaiserliche Hoheit zeigte sich davon dermaßen angetan, dass der köstliche Schmarrn künftig unter dem Namen „Kaiserschmarrn“ firmierte. Das beliebte Hüttengericht mundet Wanderern und Skifahrern bis heute.
„Im Jahr 1856 besuchte Kaiser Franz Josef gemeinsam mit seiner Sissi das Land Kärnten. Bei dieser Gelegenheit unternahm der Monarch von Heiligenblut aus einer mehrstündigen Wanderung, die ihn bis an den Rand des Pasterzengletschers führte“, berichtet die Historikerin. Die Stelle, von der aus „Seine Majestät“ den Großglockner anhimmelte, ist nach ihm benannt. (Kaiser Franz-Josefs-Höhe). Danach muss er wohl ausgerufen haben: „Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut.“
Ein Gebirgsbär als erster Alpintourist
„Die Habsburger waren umfassend gebildet und vor allem in der Naturwissenschaft sehr bewandert. Herausragend war sicher Erzherzog Johann von Österreich“, sagt die Präsidentin des Geschichtsvereins in Kärnten. Johann (1782 bis 1859) war ein geschickter Kletterer, der fit wie ein Turnschuh war. „Die sportliche Komponente war ihm egal, im Vordergrund stand das Naturerlebnis“, sagt Fräss-Ehrfeld.
„Zu Anfang des 19. Jahrhunderts waren unsere Gebirge vollkommen unbekannt. Es gab keine Touristen. Ich war der erste,“ schrieb er in seinen Aufzeichnungen. Im Laufe seines Lebens sammelte er unzählige Gipfel in den österreichischen Alpen. Das trug ihm den Spott des Wiener Hochadels ein, der ihn „Gebirgsbär“ nannte. Die Kärntner Historikerin lobt ihn jedoch in den höchsten Tönen. „Er war einer, der sich für Kärnten und die Steiermark eingesetzt hat. Von der Natur bis zur Kultur.“ Die Erzherzog Johann Schutzhütte am Großglockner, die nach ihm benannt wurde, ist auf 3454 Metern die höchstgelegene Schutzhütte Österreichs.
Er war wohl auch der erste Adelige, der sich mit dem Brandhof am Seeberg 1818 mitten in den Bergen einen Zweit-Wohnsitz schuf. Auch seine praktische Kleidung war ganz auf Alpinismus getrimmt. Auf den bildlichen Darstellungen sieht man ihn in steirischer Trachtenjoppe, Knickerbockern und Ausseer-Hut, seine Frau Anna Plochl (Gräfin von Meran) hingegen mit Tiroler Dirndln, die noch heute von der gräflichen Familie Meran bei Familienfesten getragen werden.
Trachtenanzug und Knickerbocker haben heute ausgedient, wenngleich ein fesches Dirndlkleid und eine Joppe auf der Alm noch immer gute Figur machen.