#WieWirLeben: Stadt-Land-Hof
Es gibt viele schöne Bauernhöfe, die sich neben landwirtschaftlicher Produktion auch den Gästen öffnen. Aber doch bleibt quer durchs ganze Land die Herausforderung der Hofübernahmen. Zu wenig JungbäuerInnen kommen nach, viele Höfe müssen schließen. Unter diesem Aspekt betrachtet, verfolgt Max Borchardt aus Wernberg bei Villach mit seiner Familie ein zukunftsweisendes Lebensmodell, das hoffen lässt. Er ist einer, den die Stadt mit ihren Karrierechancen laut rufte, das Land hingegen bekam den Zuschlag. Die Geschichte eines Rückkehrers, der eigentlich nie weg war.
Es liest sich wie ein erfolgreicher Curriculum Vitae eines jungen Menschen, der sein Dorf, sein ländliches Leben zum Zwecke der universitären Ausbildung gegen die Großstadt (in Österreich meist Wien) tauschte. Was sich dadurch manifestiert, wird u.a. mit dem Begriff „Brain Drain“ beschrieben, also die Abwanderung hoch qualifizierter Arbeitskräfte vom Land in die Stadt. Max Borchardt hätte wählen können, sagt er. Als Absolvent der Wiener Universität für Bodenkultur im Fachbereich Agrarwissenschaften und Agrarpädagogik standen ihm die Türen zu einer Karriere im Forschungs- oder Beratungsbereich offen. Der junge Kärntner hingegen wählte das Land, die Heimat, den Hof, dessen feste Mauern bis ins 16. Jahrhundert zurückreichen und der 1935 von den Großeltern erworben wurde. Max darf seit Anfang 2018 nun das 3. Kapitel der Borchardt’schen Familiengeschichte kreieren. Aber was waren letzten Endes die Beweggründe für diesen Schritt? „Der Wunsch nach Familie und Kindern, nach einem ehrlichen Beruf“, so der Jungbauer über sein emotionales „Coming Home“.
„Meine ersten Freunde waren Gästekinder“
Borchardts Kindheit am Hof dominierten schöne, erfüllte Sommertage, die aber nicht nur Spiel, Spaß und Strandbad boten, vielmehr musste er als Bauernkind schon früh am Feld und im Stall mit anpacken. „Aber das war für mich ganz normal und vor allem genoss ich den Kontakt zu den Tieren. Ich habe die Arbeit am Hof immer als erfüllend betrachtet“, blickt er ein Stück zurück. Der landwirtschaftliche Betrieb gab und gibt immer noch den Tages- und Arbeitsrhythmus vor, auch in Zeiten, in denen mehr über Digitalisierung und Agrarwirtschaft 4.0 gesprochen wird. Das soll aber an dieser Stelle nicht falsch verstanden werden, denn am Borchardt-Hof gibt es kostenloses WLAN in der gesamten Unterkunft, aber dieses zeitgemäße Service wird ebenso von zahlreichen analogen Ablenkungen umgeben, wobei natürlich das Pony, die Hasen und Katzen die Stars des Streichelzoos sind. Darüber hinaus gibt es mit dem Reitstall (der zwar verpachtet ist, aber direkt am Hofgelände liegt) ein weiteres, verlockendes Eintrittstor in familiengerechte, generationsharmonische Freizeitgestaltung. „Vor allem bei den Mädchen ist das Reiten sehr beliebt und es kommt dann schon vor, dass die Eltern die freie Zeit für Ausflüge an den naheliegenden Faaker-, Ossiacher- oder Wörthersee nutzen“, erläutert Max die Vorzüge der Lage im Kärntner Seengebiet. „Der Großteil unserer Gäste verbringt die meiste Zeit ohnehin am Hof“, kommt gleich auch die Gegenthese zum Seeerlebnis vor der Hoftüre (Anmerkung: Alle drei genannten Seen liegen keine 15 Autominuten vom Hof entfernt!).
„Seit 1995 führen wir das Bio-Zertifikat“
Der Betrieb der Borchardts ist klein strukturiert und die Flächen sind auf viele kleine Feldstücke aufgeteilt. Auf den mehrmähdigen Wiesen wird fast zur Gänze Raufutter für die Fütterung im eigenen Betrieb erzeugt. Neben Grünland werden noch Silomais, Speisekartoffel, Körnermais und Gemüse für den eigenen Bedarf angebaut. 20 Stück Milchvieh sorgen für Frischmilchlieferung an die Kärntner Molkereigenossenschaft.
Max Borchardts landwirtschaftliche Handschrift ist wenig überraschend nach so kurzer Zeit seit der Hofübernahme noch nicht sehr ausgeprägt, jedoch wurden als ein erster Schritt bereits alle drei Ferienwohnungen im Bauernhaus modernisiert. Eine radikale Kursänderung ist hier sowieso nicht nötig, übernimmt der Jungbauer doch einen sehr aktiven, funktionierenden Betrieb der Generationen verbindet und nährt. „Es kann durchaus sein, dass wir die Direktvermarktung noch weiter ausbauen werden. Ich bin darüber hinaus fest davon überzeugt, dass der Wert, also zu wissen, wo die Lebensmittel herkommen, wie die Tiere gehalten werden und damit letztendlich die Qualität des Produkts zu kennen, für einen bestimmten Anteil der Gesellschaft noch steigen wird“, so der Landwirt über zusätzliches und zukünftiges Absatzpotential in der Direktvermarktung.
„Den typischen Wiener Sommerfrischler gibt es nicht mehr“
„Bei uns gilt eigentlich noch immer der Slogan „Urlaub bei Freunden“. Wir bieten unseren Gästen naturnahen, aktiven Landurlaub mit Familienanschluss“, definiert der Wernberger ein Gastgebermodell, das sich in den letzten Jahren kaum verändern musste, weil es nach wie vor sehr gut in unsere Zeit passt. Weniger ist oft mehr, könnte auch als grundsätzliches Plädoyer für einen Urlaub am Bauernhof gelten.
Einen größeren Urlaub plane er in nächster Zeit eigentlich nicht, meint Max. Alles andere wäre auch überraschend, nach so kurzer Zeit der Betriebsübernahme. „Mein größter Erholungswert ist Zufriedenheit. Einfach stolz auf die geschaffene Arbeit zu sein oder von den eigenen Viechern abgeschleckt zu werden, das wiegt für mich viel mehr, als Urlaub“, so der junge Bauer, der seit Kindheitstagen eine enge Verbindungen zu den Tieren spürt und einem kleinen Kätzchen mitunter schon mal eine halbe Stunde beim Spielen zuschauen kann. Im Gegenzug beherbergte man am Hof auch schon Gäste aus Dubai, Ägypten und vielen anderen Nationen.
Ein Zitat von George Moore, irischer Schriftsteller und Kunstkritiker, pointiert den entscheidenden Lebensabschnitt des Heimkehrers Max Borchardt treffend: „Der Mensch bereist die Welt auf der Suche nach dem, was ihm fehlt. Und er kehrt nach Hause zurück, um es zu finden.“