#WieWirLeben: Wo noch echte Handschlagqualität zählt
Willi Stinig ist Bergbauer. An den steilen Hängen der Bergbauernortschaft Kaning, hoch oben über dem Millstätter See, liegt sein Hof. Wer hier aufwächst, weiß, was harte Arbeit bedeutet. Ein Umstand, der neben Muskelkraft noch etwas anderes zutage bringt, was vielerorts schon längst verloren gegangen ist: Echter Zusammenhalt unter den Einheimischen.
Echter Zusammenhalt
Willi Stinig ist jemand, der die Dinge beim Namen nennt. „Das Leben am Bergbauernhof ist nicht immer leicht. Ein Großteil der Arbeit muss hier oben noch mit der Hand erledigt werden, wo im Tal längst Maschinen zum Einsatz kommen.“ Und dennoch, tauschen möchte er nicht. Die steilen Hänge, der weite Blick, das Leben auf der Sonnseite, all das würde er nicht missen wollen. Auch wenn es eine Sieben-Tage-Woche ist. Welche er alleine nicht imstande wäre, zu bewältigen. „Ich bin nie alleine bei der Arbeit, alle helfen zusammen. Meine Familie, Freunde, Nachbarn. Den Zusammenhalt am Berg kannst du mit nichts vergleichen. Die Wertschätzung ist höher. Jeder Nagel wird von Hand ins Holz geschlagen, zu jedem Brett hat man einen Bezug. Es ist keine schlechte Arbeit, im Gegenteil, ich tue das für mein Leben gern.“ Auf drei Standbeinen steht sein Hof: Viehwirtschaft mit Mutterkuhhaltung und Milchproduktion, die bewirtschaftete Alm auf der Veidlhütte und die Zimmervermietung im Adamhaus, seinem Herzensprojekt.
Die Heimat wieder schätzen lernen
„Vor zehn Jahren kaufte ich mit meiner Frau Sonja einen alten Hof bei uns im Ort. Zuerst stand die Überlegung im Raum, das Haus und den Stall abzureißen. Doch so recht konnte ich das als gelernter Tischler nicht mit mir selbst vereinbaren. Also begannen wir, die Räume zu renovieren.“ Zehn Jahre dauerten die Arbeiten, seit einem Jahr ist das Gästehaus – das Adamhaus – fertig. Und das Feedback spricht für sich: „Unsere Gäste sind begeistert. Nicht nur von dem Haus an sich, von der ganzen Landschaft. Sie kommen an, steigen aus dem Auto aus und fragen staunend: Wo wohnt ihr denn da, das ist ja der reine Wahnsinn. Uns Einheimischen fällt das ja gar nicht mehr so auf.“ Worte, die Rückhalt und Kraft geben für die tägliche Arbeit. Denn wäre der Bauernstand nicht, gäbe es keine gepflegte Kulturlandschaft mehr: „Wer würde denn noch kommen, wenn die Almen nicht gemäht werden würden, sondern verwildert und braun vom abgestandenen Gras wären? Niemand.“ Ein Umstand, den sich Willi nicht leisten kann und nicht will: „Hätten wir nicht die bewirtschaftete Almhütte und das Ferienhaus, wir könnten zusammenpacken und gehen. Ohne diese zwei weiteren Standbeine würde es nicht funktionieren. Nicht mehr.“
Die Gäste, die auf die Alm wandern oder im Adamhaus ihren Sommerurlaub verbringen, wollen die Natur erleben, sagt Willi. „Zu uns kommen hauptsächlich Menschen, die ihren Kindern das Landleben zeigen wollen, um einen Bezug zur Landwirtschaft herzustellen.“ Die frische Almluft, das klare Gebirgswasser, die Qualität der Lebensmittel, diese Dinge zählen in Kaning, nicht das W-Lan Passwort oder die beste Instagram Story. Viele lassen das Smartphone bewusst weg. Da sitzt man lieber mit dem Hausherrn gemeinsam bei der abendlichen Jause oder spaziert gut gelaunt über die gemähten Wiesen hinunter ins Tal zum alljährlichen Kirchtag. „Für die Gäste sind das unvergessliche Erlebnisse. Dabei entstehen richtige Freundschaften.“ Erlebnisse die auch Willi Energie geben.
Die Alm als Kraftort
Urlaube sind spärlich gesät. Zweimal im Jahr fahren er und seine Frau mit der gemeinsamen Tochter ans Meer zum Entspannen. Zuhause findet er seine Ruhe auf der Alm seiner Eltern. „Dort oben kann ich Kraft tanken.“ Genauso wie bei gemeinsamen Grillabenden mit seiner Schwester, die als Nachbarin stets zur Stelle ist, wenn die Arbeit am Hof wieder einmal länger dauert. Denn ohne Handschlagqualität läuft hier oben in Kaning nun mal nichts. Und das ist gut so.