Räuchern und Rauhnächte
Wenn duftender Heilkräuter-Rauch durch das Bauernhaus und den Stall strömt, ist die Zeit des Lichtes nicht mehr weit. In den zwölf mystischen Rauhnächten zwischen Weihnachten und Heilige Drei Könige, die bereits bei unseren Vorfahren als "Heilige Nächte" verehrt wurden, vertreibt man böse Geister, negative Energien und Krankheiten. Das Ritual des Räucherns wurde mit Ehrfurcht zelebriert und von Generation zu Generation weitergetragen.
Wir haben uns auf die Suche nach Urlaub am Bauernhof Gastgeberinnen gemacht, die den Brauch des Räucherns am Hof leben. Die Bäuerinnen Anneliese Stockinger vom Bauernhof Braus in Rohrbach und Annemarie Reifeltshammer vom Bauernhof Himetsberger in Aurolzmünster haben uns einen Einblick rund ums Räuchern und die geheimnisvollen Rauhnächte gegeben. In den folgenden Interviews erfährst du interessante Details.
Räuchern am Bauernhof Braus im Mühlviertel
Liebe Anneliese, wann wird bei euch im Mühlviertel geräuchert?
Bei uns am Bauernhof wird grundsätzlich das Brauchtumsräuchern zelebriert. Und dies geschieht in der Advent- und Weihnachtszeit – das sogenannte Rauhnachtsräuchern. Früher wurde zu den Jahreskreisfesten, aber auch zu besonderen Ereignissen im Leben wie Geburt, Hochzeit und Tod geräuchert. Auch bei Krankheiten oder Seuchen, um die Keime abzutöten. Weit verbreitet waren Räucherrituale, um vor Unwettern zu schützen. So hat sich zum Beispiel bis heute die Pflanze „Königskerze“ den Beinamen Wetterkerze erhalten und darf daher in keiner Schutzräucherung vor Gewittern fehlen.
Warum wird bei euch geräuchert?
Das Räuchern soll Mensch und Tier von „schlechten Energien“ befreien. Es soll Glück und Segen für den gesamten Bauernhof bringen und uns vor Unheil bewahren.
Wie wird richtig geräuchert?
Dazu verwenden wir eine Räucherpfanne mit glühenden Kohlen, auf die wir die Kräuter legen. Wir gehen damit durch alle Zimmer im Bauern- und Ferienhaus und durch den Stall.
Welche Kräuter verwendest du beim Räuchern?
Wir haben einen gut sortierten Kräutergarten, wo ich die verschiedensten Kräuter selber pflanze und ernte. Die restlichen Zugaben suche ich mir in meiner Umgebung auf den Wiesen, in den Wäldern und entlang des Baches. Wichtige Kräuter sind zum Beispiel: Beifuß, Salbei, Fichtenharz, Eisenkraut, Engelwurz, Frauenmantel, Goldrute, Holunder, Johanniskraut, Königskerze, Labkraut, Lavendel, Mädesüß, Minze, Mistel, Rose, Rosamrin, Schafgarbe, Wacholder etc.. Es gibt aber auch fertige Räuchermischungen zu den verschiedensten Themen zu kaufen.
Räuchern am Bauernhof Himetsberger im Innviertel-Hausruckwald
Liebe Annemarie, wo haben die Rauhnächte eigentlich ihren Ursprung? Wo kommen sie her?
Die Rauhnächte haben für mich etwas Mystisches. Überlieferungen zufolge haben die Rauhnächte germanische und keltische Wurzeln und sollen am Ende des Jahres das Sonnenjahr mit dem Mondjahr wieder in Einklang bringen. Die Menschen feierten den magischen Zeitpunkt, wenn die längste Nacht des Jahres vorbei war und sich das Licht über die Dunkelheit erhob. Am bekanntesten sind in unserer Region im Inn- und Hausruckviertel die Rauhnächte rund um die Weihnachtszeit vom 24. auf den 25. Dezember, zu Silvester vom 31. Dez. auf 1. Jänner und vom 5. auf den 6. Jänner.
Warum wird das Räucher-Ritual bis heute weitergetragen?
Damals wie heute ist das Räuchern besonders im ländlichen Raum und vor allem in der Weihnachtszeit verbreitet. Durch ein erhöhtes Gesundheitsbewusstsein, die Rückbesinnung auf Altbewährtes, Glaube, Entspannung, Reinigung oder auch Schutz vor schlechten Mächten gewinnt dieser Brauch wieder an Beliebtheit. Doch man macht dies nicht nur, um die bösen Geister zu vertreiben, sondern vielmehr um Wohnräume zu aromatisieren, den Duft zu genießen und sich vor negativen Energien zu befreien.
Der Gedanke, durch das Räuchern Haus, Hof, Mensch und Tier zu schützen, steht bei uns natürlich im Vordergrund. Besonders ausgiebig geräuchert wird am Heiligabend. Ab und an wird auch noch zu Silvester und in der Nacht auf den Dreikönigstag, den 6. Jänner, nachgeräuchert. Ich persönlich sehe das Räuchern als eine wunderschöne Geste und ein ehrenvolles Ritual, das frühere Traditionen und altes Wissen mit dem modernen Leben verbindet.
Welche Utensilien oder Beimengungen verwendest du zum Räuchern?
Zum Räuchern nehme ich gerne reinen Weihrauch als Öl oder das beliebte Räucherkegel-Rezept, das ich euch gerne verrate.
Bäuerin Annemaries Räucherkegel-Rezept:
⦁ gewünschte Kräuter sammeln (z.B. Lavendel, Holunder, Bartflechte, Beifuß, Engelwurz, weißer Salbei, Mistel, etc. )
⦁ klein schneiden oder mahlen, ev. Harz fein reiben und alles mischen
⦁ etwas Tapetenkleister in Wasser anrühren und über die Kräuter gießen
⦁ gleich Kegel oder Kugel formen (je nachdem wie groß das Räuchergefäß ist, das verwendet wird) und auf Backpapier legen
⦁ einige Tage trocknen lassen
⦁ Räuchergefäß mit Teelicht oder Messingplatte aufstellen - dies ist die einfachste Anwendung zum Räuchern
Vorsicht: Die Schüssel nur mit Küchenrolle auswischen und Reste nicht in den Abguss spülen.
Räuchern am Bauernhof Zamsegg in der Nationalparkregion Kalkalpen
Auch Silke Antensteiner vom Bauernhof Zamsegg in Vorderstoder lebt die Tradition des Räuchern. Wenn du wissen möchtest, wie die Kräuterpädagogin, die sich selbst als echte Kräuterhexe bezeichnet, dabei vorgeht und was das Räuchern für sie bedeutet, dann kannst du das im Artikel "Räuchern - mystisches Brauchtum" nachlesen.